Polestar 4: Premium EV mit Top-Leistung
Der Polestar 4 – eine Premium-Elektrofahrzeug mit beeindruckenden Leistungsdaten. Doch hat das neue Modell von Polestar mehr zu bieten als nur das ungewöhnliche Heckfenster?
In den letzten Jahren war Polestar in einer besonderen Lage. Nach dem aufsehenerregenden Start mit dem Hybridmodell Polestar 1 folgte schnell der vollelektrische Polestar 2, und dann herrschte vier Jahre lang Funkstille. Der Polestar 2 war das einzige Modell der Marke und kündigte an, dass mehr Modelle auf dem Weg seien. Jetzt, endlich, kommen die neuen Modelle: Der Polestar 3 als luxuriöser Konkurrent für den Porsche Cayenne und BMW iX und der Polestar 4 – ein großes, leistungsorientiertes SUV-Coupé, das mit dem neuen Macan und Audi Q6 e-tron konkurriert.
In Bezug auf Design, Innenraum und Technik bezeichnet Polestar den 4 als SUV-Coupé, was ihm nicht ganz gerecht wird. Mit einer Länge von 4,8 Metern hat er etwa die Abmessungen eines Volvo XC60. Unsere Testversion war mit beeindruckenden 22-Zoll-Rädern ausgestattet, aber der Polestar 4 versteckt seine Größe gut, sodass man kaum merkt, dass er größere Räder als ein Range Rover hat. Optisch erinnert er eher an eine große Limousine oder ein Fastback als an ein SUV.
Die Front des Fahrzeugs hat eine sportliche, zugespitzte Erscheinung im Vergleich zum kleineren Polestar 2. Die berühmten Thor-Hammer-Scheinwerfer sind jetzt geteilt und bieten dennoch eine gewisse Vertrautheit. Vom schrägen Motorhaube fließt die flachwinklige Windschutzscheibe in die verlängerte Dachlinie, die separat endet, nicht mit einem weiteren Glas, sondern mit einem soliden Panel.
Das Fehlen eines Heckfensters wirkt dank des serienmäßigen Panorama-Glasdachs, das bis zum Ende der Heckklappe reicht, nicht so seltsam. Im Inneren sorgt das große Dach dafür, dass der Kabine selbst bei schräg gestellten Rücksitzen nie eine dunkle Stimmung anhaftet. Polestar argumentiert, die schicke Linienführung hätte ohnehin nur ein kaum nutzbares Briefkastensichtfeld ergeben, also könnte man sich gleich das Gewicht sparen und mehr Platz schaffen, indem man darauf verzichtet.
Die Lösung für die eingeschränkte Rücksicht ist eine hochauflösende Rückfahrkamera, die den Rückspiegel ersetzt. Tagsüber funktioniert dies ziemlich gut und bietet eine bessere Sicht nach hinten als die meisten Spiegel in modernen Autos. Persoenlich hatte ich keine Probleme mit dem digitalen Bild, aber ich habe von anderen gehört, dass der Mangel an Tiefenschärfe Übelkeit auslösen kann.
Die Kamera ist nur ein Beispiel für den technologischen Ansatz des Innenraums. Im Herzen der Kabine befindet sich ein 14,7-Zoll-Touchscreen, von dem aus so gut wie alles gesteuert wird. Diese scharfe und reaktionsschnelle Anlage bietet große Schnellzugriffs-Tasten sowie ein 'No-Scroll'-Menükonzept. Die meisten Funktionen sind schnell zugänglich, aber es gibt immer noch zu viele Menüs, die man durchforsten muss. Von der Klimaanlage bis zu den Rückspiegeln wird alles über den Bildschirm und unmarkierte Tasten am Lenkrad geregelt, was als unnötig empfunden wird. Um einzelne Fahreninstellungen wie Federung oder Lenkung zu ändern, sind mindestens zwei Bildschirmberührungen erforderlich; für alle Veränderungen benötigt man mindestens fünf. Das kann störend sein, wenn man schnell zwischen Fahrmodi wechseln möchte.
Abgesehen von der etwas überkomplizierten Bildschirmbedienung ist der Rest des Innenraums wunderbar klar strukturiert. Der Polestar 4 setzt die bewährte Polestar-Designphilosophie fort, die auf intuitive Gestaltung und hochwertige Materialien abzielt. Eine prägnante Linienführung definiert die Form des Innenraums, bei dem eine Fülle von hellen, nachhaltigen Materialien zum Einsatz kommt; vom strukturierten Armaturenbrett bis hin zum Sitzmaterial aus recyceltem Kunststoff, das sowohl ansprechend aussieht als auch angenehm ist.
Wenn das helle Gewebe nicht Ihren Vorstellungen entspricht, gibt es die Option von Nappa-Leder aus Bridge of Weir. Unabhängig von der gewählten Ausstattung sieht der Polestar 4 unglaublich besonders aus und vermittelt ein Gefühl von Raffinesse und spaciousness bei beeindruckendem Komfort.
Wenn es um Batterie, Motor und Leistung geht, behauptet Polestar stolz, dass der 4 das schnellste Modell ist, vorausgesetzt, Sie wählen die leistungsstarke Allradversion mit dem Performance-Paket. Diese bringt es auf beeindruckende 536 PS und beschleunigt in nur 3,7 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Statt eines brutalen Schubs trifft einen der Polestar wie eine unaufhaltsame Flutwelle. Natürlich kann man auf die starken vierkolben Brembo-Bremsen zählen, um die Geschwindigkeit zu kontrollieren, aber man hat das Gefühl, dass dieses große Biest nahtlos mit über 200 km/h weiterfahren könnte.
Das geschmeidige Fahrverhalten bleibt auch bei der Handhabung erhalten. Fahrzeuge mit Performance-Paket verfügen über ein speziell abgestimmtes Polestar Engineered-Chassis und eine einzigartige Abstimmung für die aktiven ZF-Dämpfer. Drei Fahrwerkskomponenten und drei Lenkkräfte stehen zur Wahl, die sich fester und schwerer anfühlen, jedoch einem natürlichen Fortschritt folgen.
Das Ergebnis ist eine ausgewogene, konsistente Fahrt, die dennoch ansprechend bleibt. Der 4 bleibt in Kurven flach, lenkt mit der passenden Geschwindigkeit und Aggressivität, ohne sich ruckartig zu bewegen, und bietet eine erstaunlich komfortable Fahrt trotz der 22-Zoll-Räder. Es sind keine ruckenden Fahrverhalten oder Härte fester SUV zu spüren – obwohl man nicht das Gefühl hat, sich mit aller Kraft anstrengen zu müssen, bleibt man dennoch engagiert.
Die AWD-Variante ohne Performance-Paket verliert‴ die Gitter- und Federungseinstellungen sowie die Brembos, hat jedoch die gleiche Leistung. Ich habe diese Variante nicht getestet, kann also nichts dazu sagen. Ich habe jedoch Zeit mit der Einzelmotorversion verbracht. Das Modell mit 268 PS und Hinterradantrieb ist der Langstreckenmeister der Reihe, mit einer Reichweite von 620 km pro Ladeeinheit, fühlt sich jedoch weniger überzeugend an. Es lässt sich angenehm fahren, fehlt aber der Wucht der beiden Motoren oder der cleveren adaptiven Federungseigenschaften und lässt sich deshalb ein wenig zu oft mit anderen 250 PS starken Elektrofahrzeugen vergleichen.
Unabhängig von der Spezifikation verfügen alle Polestar 4 über eine 94-kWh-Batterie und sind in der Lage, mit 200 kW zu laden. Wie bereits erwähnt, sind es bei der Einzelmotorversion bis zu 620 km, während die Twin-Motor-Modelle bis zu 590 km bieten.
Bei der Ausstattung des Polestar 4 gibt es nur zwei Versionen, die sich einfach nach Motoranzahl unterscheiden. Die Hinterradantriebsversion beginnt bei 59.990 Pfund, während das AWD-Modell bei 65.990 Pfund startet. Das Performance-Paket kostet zusätzlich 4.000 Pfund und ist die einzige Möglichkeit, das abgestimmte Fahrwerk, 22-Zoll-Alufelgen und kosmetische Anpassungen wie goldene Bremssättel, Ventilkappen und Sicherheitsgurte zu erhalten. Jede derzeitige Version des 4 erhält automatisch das Plus-Paket, das ein 12-Lautsprecher Harman Kadron-Soundsystem, pixel LED-Leuchten, eine elektrisch betriebene Heckklappe, eine Dreizonen-Klimaanlage, beheizbare Rücksitze und ein 14,3-Zoll-Head-up-Display umfasst. Hinzu kommen elektrisch verstellbare Vordersitze, LED-Leuchten, vernetzte Infotainment-Systeme und Rundumansichtskameras als Standard, genau wie die Wärmepumpe und eine Vielzahl fortschrittlicher Fahrerassistenzsysteme. Man kann zusätzlich mehrere tausend Euro für individuelle Optionen wie ausgefallenere Lackierungen, größere Räder oder verschiedene Innenausstattungen ausgeben.
Zusammenfassend hat Polestar sich als Premium-Performance-Marke positioniert. Der Polestar 4 schafft es, diesen Anspruch eindrucksvoll zu belegen. Mit seinem eleganten Äußeren und einem mühelos coolen Innenraum strahlt er eine sanfte Hochwertigkeit aus, die mit einer kraftvollen und packenden Fahrdynamik einhergeht – zumindest, wenn man sich für das Modell mit zwei Motoren entscheidet. Die Einzelmotorversion ist weniger überzeugend, und letztendlich wird jede Version mit einer Benutzeroberfläche belastet, die versucht, zu clever zu sein, aber häufig eher frustrierend ist. Insgesamt zeigt der Polestar 4 jedoch, dass die Marke weit mehr als nur ein Einheitsmodell zu bieten hat.